Goethe | Der Podcast

Marcus Anhäuser, Thomas Schmuck

Goethes Urpflanze: Metamorphose in einem anderen Sinne

Goethes erste naturwissenschaftliche Veröffentlichung.

17.06.2024 76 min

Zusammenfassung & Show Notes

Johann Wolfgang von Goethes Sammlung ist vor allem von Steinen, Fossilien und Mineralien geprägt. Doch der Dichterfürst hat sich auch für die belebten Dinge interessiert. In dieser Folge lernen wir Goethes Idee einer Urpflanze kennen. Thomas erzählt uns von Goethes erster naturwissenschaftlicher Veröffentlichung, wie er fürchtete gegen einen vermeintlichen Konkurrenten ins Hintertreffen zu gelangen und sich schließlich beklagte, dass sein Verleger seine Arbeit nicht recht ernst nehme, weil er eben ein Dichter und kein Forscher sei.
Marcus erinnert die Idee der Urpflanze sofort an eine evolutionäre Entwicklung, was es aber nicht ist. Thomas erzählt, wer Goethe große Idole waren. Schließlich trägt Marcus noch das Gedicht "Die Metamorphose der Pflanzen" vor.

Mit Musik von Blue Not Session (Scraper, Mazamorra, Palms Down, Crumpet) und Audiio (von Moqita, East Love)

Wir haben aufgenommen: 2023

Links (Wikipedia und Projekt Gutenberg):
Podcast Hörtipp: 5 Minuten Goethe (Webseite), Spotify, Apple Podcast

Transkript

Gut, so jetzt sehen wir uns und wir hören uns. Guck mal, das heißt, wenn wir zusammen sind, fehlt nur noch Wein und Gesang. Stimmt, ebenso kommen die Fehler. [Musik] Einen schönen guten Tag im naturwissenschaftlichen Universum des Johann Wolfgang von Goethe. Dies ist bereits die achte Folge dieses extrem unwahrscheinlichen Podcast. Mit dabei, wie immer, Thomas Schmuck, der MC der naturwissenschaftlichen Sammlung des Herrn Goethe in Weimar. Und meine Wenigkeit, ich bin Marcus Anhäuser, der Fragensteller in dieser Konstellation und ansonsten Wissenschaftsjournalist aus dem Rheinland, wohnhaft in Dresden. Auch wenn der größte Teil der naturwissenschaftlichen Sammlung Goethes Steine, Fossilien und Mineralien sind, hat sich der Meister auch mit den beliebten Dingen dieser Welt beschäftigt. In dieser Folge dreht sich alles um Goethes Idee einer Urpflanze, aus der wir alle anderen Pflanzen ableiten könnten, so Goethe. Schön, dass ihr immer noch erstmals oder wiederholt dabei seid. Jetzt geht's los. [Musik] Heute machen wir die Metamorphose der Pflanzen. Bei Metamorphose denke ich jetzt erstmal an Insekten. Und wieso wären Goethe mit Pflanzen, was hat denn Goethe überhaupt mit Pflanzen zu tun? Ja, das ist eine gute Frage. Wie kommt Goethe zu den Pflanzen? Also, Metamorphose heißt ja die Verwandlung der Insekten, der Amphibien, fischähnlichen Kaulgorben zu Fröschen, die sich dann an Land fortbewegen. Das hat die frühe Neuzeit schon sehr fasziniert, dass es sowas gibt, auch die Umwandlung der Schmetterlinge. Das ist die eine Quelle vielleicht, die es zu den Metamorphosen gibt, und die andere ist natürlich, und das ist bei Goethe sehr präsent, die Verwandlung von Tieren zu Menschen, zu Göttern und umgekehrt. Ovid's Metamorphosen ist ja eines der wichtigsten Werke der Literaturgeschichte, das jeder Gebildete im 18. Jahrhundert fast auswendig gekannt hat. Das ist das, was man bei Metamorphosen denkt. Und Goethe macht aber da ein bisschen was anderes draus, nämlich er überlegt, ob er die Vielfalt der Pflanzenformen und die Vielfalt der Pflanzenorgane mittels Metamorphose erklären kann. Also, was ist ein Blatt, wie entsteht ein Blatt, was ist eine Blüte, wie entsteht eine Blüte, woraus? Was ist das Bauprinzip von Pflanzen, von Blättern, von Blüten? Warum können die sich abwandeln und so weiter? Das sind so die Grundgedanken. [Musik] Das Besondere an den Überlegungen ist, dass Goethe ein kleines Büchlein dazu veröffentlicht, nämlich versucht, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Als 40-Jähriger, und das ist seine erste naturwissenschaftliche Publikation, also seine erste naturwissenschaftlich eigenständige Publikation. Wo sind wir da zeitlich? 1790 hat er das gemacht. Er hat daran geschrieben während der Französischen Revolution, hat das untersucht, auch mit eigenen Experimenten, erfährt dann, dass ein anderer, den er nicht kennt, ein Herr Conrad Christian Sprengel, ebenfalls ein Buch über den Bau der Blüten vorhat und publizieren möchte und demnächst publizieren wird. Er hat Angst, dass ihm jemand sein Geheimnis, das er entdeckt hat, wegnimmt in der Publikation. Dann beeilt er sich und schließt die Publikation möglichst schnell ab. Das ist dann eben der im nächsten Jahr, also 1790 erschienene Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Und Herr Sprengel stellt sich heraus, veröffentlicht sein Buch erst drei Jahre später. Und auch eine faszinierende Geschichte in diesem Buch, das heißt, glaube ich, wirklich so das entdeckte Geheimnis der Blüten und Pflanzen, ich habe es mir genau an diesem Letztlicht im Kopf, darin beweist Sprengel, dass Blüten nicht für den Menschen, nicht für die Freude, nicht für irgendwas gemacht sind, sondern für Insekten zur Bestäubung. Das ist eine Erkenntnis aus dem späten 18. Jahrhundert, eine wissenschaftliche Erkenntnis. Die ist nicht älter. Also ist niemand früher umfassend drauf auf die Idee gekommen, dass der ganze komplexe Bau der Blüten für die Bestäuber gemacht ist, für die Insekten und für die allen anderen Bestäuber, die es gibt. Und das ist der Beginn der Blütenbiologie. Aber was ganz was anderes als das, was Goethe gemacht hat. Und den Sprengel, der wurde gleich wieder vergessen und hat dann, erst Darwin hat diesen unbekannten Verfasser wiederentdeckt. Darwin hat erst Sprengel groß gemacht, also bekannt gemacht und wieder daran erinnert, fast, naja, viele Jahrzehnte später. Das ist ganz erstaunlich, finde ich. [Musik] Und was war jetzt das Geheimnis Goethes, wo er Sorge hatte, dass der Herr Sprengel da irgendwie auch... Das Geheimnis Goethes, also Goethe ist so richtig mit der Botanik in Berührung gekommen, oder mit den Pflanzen, so muss man sagen, auf seiner Italienreise. Das Erleben dieser mittelmeerischen Arten- und Formenvielfalt. Das hat ihn sehr fasziniert, Botanischen Garten in Padua, die Palmen, die Fächerpalme. Er hat viel über Pflanzen nachgedacht, wie ob es so eine Art Bauprinzip gibt, und ist dann auf die Idee gekommen, man könnte doch so eine Art, wenn man alle Pflanzen miteinander vergleicht, die auf eine, er nennt das wörtlich so, Urpflanze zurückführen. Und diese Urpflanze ist sozusagen die einfachste mögliche Blütenpflanze, er hat das nicht so genannt. Die Pflanzen-Kryptogrammen, also die Moose, Fahne, Pilze, Flechten, das ist alles natürlich außen vor, sind die Gefäßpflanzen. Es gibt so eine einfache Form der Blütenpflanze, die eben nur aus Keimblättern im Laufe der Entwicklung entsteht, und dann aus den Laubblättern, und dann den Blütenblättern, also Kelch, Krone, Staubblätter und Fruchtblätter. Und davon lassen sich alle anderen Pflanzen ableiten. Die erste Idee war, wenn es eine Urpflanze ist, dann kann ich die auch vielleicht irgendwo finden. Moment. Und das sucht er auch, und zwar im Botanischen Garten in Palermo, sucht er, ob er da nicht eine Pflanze findet, die dieser möglichen Urpflanze sehr ähnlich kommt, bis er dann darauf kommt, das ist gar keine reale Pflanze, sondern das ist ein Denkprinzip, sozusagen ein Schema, wie, wenn ich Blütenpflanzen vereinfache, wie so eine Pflanze aussehen müsste, von der ich dann alles ableiten kann. Wir sind 1790, sagst du, also in den 80er Jahren hatte die Sache so ein bisschen durch das Ende der 80er durchdacht. Ja, 1786 bis 1887 in Italien. Und das klingt aber auch jetzt schon sehr nach Entwicklung, Evolution und so, aber wir sind noch lange vor Darwin, vor Wallace, also natürlich geistert das schon vorher, irgendwie solche Gedanken, aber war das schon zu der Zeit? Da musst du jetzt... Naja, dazu kann man viel sagen. Also, die Urpflanze ist nicht der Vorfahre aller anderen Pflanzen, die Idee gibt es nicht. Oder die Idee ist falsch, wenn man das so versteht. Sondern die Urpflanze ist ein Bauprinzip einer idealistischen Morphologie, wo ich, wie in der Mathematik, ein bisschen kann man das vergleichen, denke ich, von einem Dreieck die Vielfalt der möglichen Dreiecke, der gleichständigen, der rechtwinkeligen usw. ableiten kann. Das ist das eine und genauso meint Goethe das auch. Und er kann, damit schreibt er ganz stolz an Schlotte von Stein, glaube ich, man kann, wenn man dieses Schema hat, dieses Schema der Urpflanze, davon auch Pflanzen ableiten, die es in der Natur nicht gibt, die aber in sich schlüssig und logisch wären. Also eher so ein Raum der Möglichkeiten, die er da so... Ein Raum der Möglichkeiten, der sozusagen biologisch begründet ist. Das Wort Biologie gibt es ja da auch noch nicht, im Jahr 1790. Wo Zeit erstmal keine Rolle spielt, also eine Abfolge von so einer... Doch, doch, doch, Zeit spielt eine Rolle und zwar in Form der Metamorphose, das ist ja ein zeitlicher Prozess. Die Pflanze bringt, also die hat einen Spross und dieser Spross hat Knoten und an jedem Knoten werden Blätter hervorgebracht. Und diese Blätter können sich abwandeln. Die ersten Blätter sind die Keimblätter, die schauen ja ganz anders aus als die normalen, zwei Keimblätter, geeignet und so weiter. Dann kommen die Laubblätter, beliebig viele fast oder mehrere. Und dann wandeln sich die Blätter wieder ab und auch die Laubblätter selber können ja... Die Laubblätter der ersten Generation, wie das beim Kirsch ist, was er auch untersucht hat, sind ja anders als die der höheren Knoten. Die variieren in sich und dann kommen Laubblätter, die die Blüte ankündigen, die also Kelchblätter sind. Es gibt ja viele Kelchblätter, die auch grün sind, die Photosynthese betreiben, die schauen ja ganz anders aus als die Laubblätter. Und dann kommen die Blütenblätter, die ja auch ganz anders aussehen als Laubblätter, aber die Blätter sind. Das heißt, ich habe eine Variationsbreite von Blättern und nur mit einem einzigen Bauprinzip kann ich den gesamten Aufbau der Pflanze erklären, weil einfach die Pflanze Variation der Blätter ist. Alles, was die Pflanze hervorbringt, ist Variation der Blätter. Alles ist Blatt, schreibt er. Aber Variationen. Aus einem Prinzip viele Variationen und damit der ganze Bau der Pflanze und der Blüte vor allem. Der Blüte ist das Komplexeste, was die Pflanze hervorbringt und lässt sich auch durch den Bau der Blätter erklären. Jetzt wollte ich erst fragen, aber ist das alles noch Gottes Werk für Goethe? [Musik] Oder gleichzeitig muss ich so, dieses Prinzip, dieser Raum der Möglichkeiten dann doch auch wieder nach jemandem, der dahinter steht und alle Möglichkeiten ausnutzt, um Vielfalt, Form und so zu erschaffen? Ja, das spielt bei Goethe jetzt keine Rolle, zumindest schreibt er es nicht. Das ist, glaube ich, eher etwas, was wir auch mitdenken, wo wir dann glauben, haben die das noch gedacht oder wie weit sind die schon oder können sie darauf verzichten und so weiter. Es ist schwierig, das genau zu bestimmen. Was für Goethe eine wichtige Rolle spielt, ist der Spinozismus, dass Gott und die Natur quasi ident sind. Spinoza beschreibt das ja, "Deus sive natura", Gott ist Gott gleich Natur. Damit kann man übrigens einen von beiden ersetzen, wenn man das geometrisch als Gleichung anlegt, A ist gleich B, dann brauche ich nur mehr A. Das ist der Grund, warum er Spinoza zum einen Pantheismus, zum anderen aber vor allem Atheismus vorgeworfen hat, obwohl im Zentrum von Spinoza die Substanz steht und Gott steht. Aber was ist das für ein Gott? Das ist eben kein persönlicher Gott mehr. Eher so in diese Richtung muss man sich das bei Goethe vorstellen, aber es ist jetzt kein Emanzipationsprozess in dem Sinn, dass ich jetzt unbedingt zeigen möchte, es geht alles von allein und lässt sich also sich selber erklären. Ich glaube, das kann man aus heutiger Sicht auch noch sagen, es ist ein Grundproblem des Materialismus, wenn alles Materie ist. Wie entsteht dann Denken? Wie kann ein Stein zu Denken beginnen? Oder eine bewegte Molekülmaschine? Wie kann da Bewusstsein entstehen? Wie kann es Evolution geben? Es muss ja Qualitätssprünge auch in der Evolution geben, im Evolutionsdenken vom Unbelebten zum Belebten zum Beispiel. Das ist ja für Darwin auch ein Problem und ist ja heute noch eine interessante, letztlich ungelöste wissenschaftliche Frage, wie genau vor 3,8 Milliarden Jahren Leben entstanden ist. [Musik] Also Goethe war jetzt der Meinung, er hat ein Muster gefunden, einfach ein Prinzip. Er hat der Natur beim Schaffen zugesehen, das Prinzip nach dem die Natur selbst schafft. Im Bereich der Pflanzen. Im Bereich der Pflanzen, genau. Und das hat er in dem Büchlein zusammengefasst, seine Gedanken. Genau. Das Buch war ihm sehr wichtig, das hat er publiziert und insgesamt in seinem Leben dreimal publiziert. Ein bisschen überarbeitet immer mit sehr ähnlichem Text, einmal 1817 und einmal kurz vor seinem Tod mit einer französischen Übersetzung, damit das auch in den französischen Bereich hinaus spielt, denn da spielt natürlich sehr viel die Pflanzensystematik hinein, also von Linné bis zu Jusier und Condoll. Und gerade die Franzosen und die Schweizer, Franzosen vor allem, haben ja versucht von Linné weggehend ein natürliches Pflanzensystem auch nach dem Bau der Blüten und nach vielen anderen Prinzipien zu kreieren und da wollte er mit einwirken. Hat also 18, ich weiß nicht wann, 1828 daran gearbeitet, ich glaube 31 ist es erschienen, also kurz vor dem Tod. Wie war die Rezeption, also wie ist das aufgenommen worden? Unterschiedlich, es gibt ja die ewige Klage Goethes, dass er als Naturwissenschaftler, als Forscher wenig und nicht anerkannt wurde, das stimmt aber nur zum Teil. Die Farbenlehre hat jetzt natürlich größere Widersprüche hervorgerufen, bei der Metamorphosenlehre ist das eigentlich besser, obwohl sich Goethes auch beklagt. Humboldt schreibt, um ein Beispiel zu nennen, dass das zu den bleibenden Leistungen Goethes in Naturwissenschaften gehört, also er war Humboldt und gegen der landläufigen Meinung sehr kritisch gegenüber Goethes Leistungen, also die Farbenlehre hat er für ein Unsinn gehalten und von der Geologie hat er auch nicht so viel gehalten, aber die Metamorphose der Pflanzen war für ihn eine große, tolle Leistung. [Musik] Weißt du denn, wie viel von diesem Metamorphosen, was davon übrig geblieben ist? Also gibt es irgendwas, was man heute noch so findet? Also hat Goethe da tatsächlich was gefunden? Das würde ich schon sagen, es gibt ja diese idealistische Morphologie noch im 20. Jahrhundert, das ist Troll und wie heißt die englische Dame, Aber oder so ähnlich, habe ich leider vergessen. Es gibt diese Strömung dieser idealistischen Morphologie, man findet im 19. Jahrhundert viele Abbildungen der Urpflanze, sagen wir mal so, in den Büchern des 19. und letztlich auch noch des 20. Jahrhunderts. Im Prinzip, wenn ich den Straßburger aufschlage, also das Botanik-Lehrbuch schlechthin, und da einen Kormorphyten, eine Gefäßpflanze, ein Schema, dann habe ich genau die Urpflanze von Goethe da stehen, ob da jetzt Goethe besteht oder nicht, ist egal. Manchmal steht es auch darunter, dass Goethe das eigentlich als erster gemacht hat. Die Schwierigkeit besteht, wenn man das Schwierigkeit nennen will, darin, dass man oft Urpflanze verwechselt mit einer evolutiv gedachten Urpflanze. Komisch, das geht mir ständig so, ich versuche die zu trennen, sondern tatsächlich eher als Form, als Grund, als Basis, von der alles ausgeht, in diesem Raum der Möglichkeiten. Ja, also wir können uns nur ganz schwer etwas vorstellen, was nicht evolutiv gedacht ist. Wir denken automatisch evolutionär. Wir denken automatisch an, bei allem, was mit Ur zu tun hat, an etwas, das mal real und genetisch der Ausgangspunkt war vor vielen Jahren, vor Jahren, Millionen, von heutigen Formen. Man muss dazu bedenken, dass diese zeitlichen Dimensionen in der Erdgeschichte ja zu Goethes Zeiten nicht gegeben hat oder so nicht gegeben hat. Man spricht zwar davon, dass wir immer noch biblische Dimensionen haben und dass diese biblischen Dimensionen ein paar Jahrtausende alt sind. Das gibt die Bibel jetzt im Genauen nicht so vor, aber man kann das daraus ableiten, wenn man möchte. Man kann aber auch andere Dinge daraus ableiten. Und das 1800 kommt, die höchste Schätzung ist bis zu zwei Milliarden Jahre Erdgeschichte. Aber das sind Spekulationen, das ist nicht naturwissenschaftlich wirklich gut begründet, sondern sind letztlich nicht mehr Hypothesen. Was uns ganz fehlt, ist die Vorstellung, obwohl wir die, wenn wir über Naturgesetze nachdenken, in der Physik ja eigentlich doch noch haben, nämlich dass es Erscheinungen gibt, Phänomene, die wir erforschen, und dass es dahinter, darüber, wo auch immer, dass es Naturgesetze gibt, die wir mit denen beschreiben können. Das ist in der Physik so, wenn ich etwas auf eine Formel bringen möchte, eine Formel existiert nicht in der Wirklichkeit, aber sie beschreibt trotzdem exakt den fallenden Körper oder die Geschossbahn oder 10.000 Dinge. Das ist in der Biologie weniger so, weil es da diese einfachen Formeln nicht gibt. Aber letztlich kann ich einen Wirbeltierbauplan oder den Bauplan der Mundwerkzeuge von Insekten und Krebsen und Spinnen und so weiter kann ich ja auch vergleichend machen, obwohl es dieses ideale Insekt ja auch nicht gibt. Trotzdem weiß ich aber, dass Insekten ein Paar Antennen haben und Krebs zwei Paare Antennen und dann gibt es noch Mandibel und so weiter, wie die ganzen Mundwerkzeuge der Insekten heißen, und der Krebs. Und die kann ich alle homologisieren, also evolutiv zurückführen auf Verwandtschaft sozusagen oder eben auf Analogie, obwohl es das ideale Insekt nicht gibt. Aber ich könnte es auch konstruieren. [Musik] Also hat er eigentlich so etwas wie so eine Art Entwicklungs... also jetzt eher so im embryo... im embryologischen Sinne, so eine Entwicklungsmorphologie der Pflanzen. Ja, er hat auch keine Versuche gemacht. Ein bisschen geht es in die Richtung Pflanzenembryologie, wenn man das so nennen kann. Die Embryologie ist ja auch eine Wissenschaft, die im 18. Jahrhundert einen Höhepunkt, um 1800 dann vor allem, einen Höhepunkt hat, weil diese Idee, dass die Natur nichts Feststehendes ist, dass es vielleicht keine Stufenleiter der Natur gibt, sondern... keine einfachen Stufenleiter, sondern dass die Organismen sozusagen wandern können auf dieser Stufenleiter oder dass vielleicht eher so ein Netzwerk oder was auch immer ist, diese Ordnung der Natur. Das ist ja etwas, was im 18. Jahrhundert ganz stark diskutiert wird. Und das, was Goethe hier untersucht und womit er sich beschäftigt, ist die Individualentwicklung einer Pflanze, also eben nicht die über die Generationen hinweggehende, sondern die individuelle. Da spielt die Embryologie eine Rolle, spielt eben auch der Ausblick in die wissenschaftlich-historisch gesehen Zukunft eine Rolle, nämlich dass sich auch die Art, also die Gemeinschaft der Individuen, die sich fortpflanzen können miteinander, auch ändert und nicht nur das Individuum selbst. Und die Formenvielfalt dieser Blätter zwischen den Arten kann er mit seiner Methode ja eben auch erklären und vergleichen. Das ist doch eigentlich das Tolle. Also die Nachtschattengewächse bringen solche Blüten hervor, die Korblütler solche. Und die kann ich eigentlich alle parallelisieren. Und das ist das Interessante. Also er steckt eigentlich schon drinnen aus der Sicht von der Zukunft, also von uns aus gesehen. [Musik] Ich nehme an, ihr habt Exemplare von diesen Büchlern, ihr habt vielleicht sogar Originalmanuskripte oder so. Was findet sich bei euch da? Naja, was wir haben, sind die Zeichnungen von Goethe, die Goethe dafür angefertigt hat. Kannst du dieses Buch ein bisschen beschreiben, also wie umfangreich, wie viele Zeichnungen? Das ist sehr wenig umfangreich. Da kann ich jetzt die Seiten schälen. Ich weiß jetzt nicht auswendig, aber es ist ein sehr dünnes Büchlern. Und die geplanten Zeichnungen, Goethe hat immer wieder davon geträumt und das auch organisiert, das mit Abbildungen zu versehen. Dazu ist es trotz dreier Auflagen nie gekommen, weil Goethe natürlich sehr exemplarische Zeichnungen dazu angefertigt hat. Also vor allem eben auch von missglückten Entwicklungsreihen, also von Nelken oder von Rosenblüten, die erwachsen sind, wo dann der Spross weiter wächst, also wo die Blüte nicht der Abschluss des Sprosswachstums ist. Solche pathologische Formen, wenn man das so nennen will, hat er gefunden, sind ihm aufgefallen und passen in seine Theorie und sieht er als Bestätigung seiner These. Davon gibt es Zeichnungen. Du hast jetzt gerade so eine Pause gemacht, als du sagtest, es ist nicht reingekommen. Gibt es da eine Geschichte dazu? Wenn Goethe gerne Bilder in seinem Buch hatte, kommen keine Bilder? Na ja, Goethe war bekannt als Dichter und der erste Verleger, ich glaube es war Herr Ettinger, der hat vorher Gedichte von ihm verlegt und war nicht sehr erfreut, dass da jetzt der Dichter mit glaubt, er muss auch noch Naturwissenschaftler spielen und hat das sozusagen verlegt, um diesen Dichter jetzt nicht zu verlieren. Aber es macht einen Unterschied aus, denke ich, würde auch heute noch einen Unterschied ausmachen, wenn du mit Lyrik hervortrittst und dann glaubst, du musst in Nature publizieren, wirst du dir auch nicht alles aussuchen können, auch wenn du als Lyriker jetzt oder als Dramatiker Erfolge gefeiert hast. Und dieses Vorteil hat Goethe sozusagen, wenn ich das jetzt mal in einem Satz ein bisschen verkürze, ein Leben lang gelitten, unterschreibt, kommt auch im Briefwechsel, Goethe-Schiller ist ein Thema, Schiller sagt auch, wenn man mal auf diesem Gebiet begonnen hat, dann ist es schwer für das allgemeine Publikum umzudenken, sie werden immer sozusagen Dichter bleiben im allgemeinen Bewusstsein. Also diese Spanne von Geist und Natur. Genau, und so weiter. Genau, deswegen heißt der Podcast unter anderem so im Untertitel, der manifestiert sich hier, sehr schön. Du warst auch am Beschreiben, was ihr für Exemplare da habt oder Manuskript oder was auch immer. Ja, und wir haben eben Zeichnungen von Goethe oder von einem Freund und Helfer sozusagen, dem Herrn Weiz, der auch das sehr schön gezeichnet hat, die abnormen und auch nicht abnormen Blüten, die Goethe untersucht hat, Blattentwicklung, Blattstrukturen, eben beim Giersch, wie bereits erwähnt, aber auch bei anderen, Keimversuche, die Goethe gemacht hat. Goethe hat im Laufe seines Lebens sehr viele solche Versuche gemacht. Er hat auch untersucht, wie Pflanzen keimen bei andersfärbigem Licht, mit gelben Glasscheiben und mit anderen, also richtig so Reihenversuche unternommen, um zu verstehen, vielleicht passiert hier was anderes. Ich weiß nicht, wie alt der Ausdruck Keimblatt ist, Cotyledon bei den Pflanzen, aber die Keimblätter in der Embryologie, die kommen ja erst später, die kommen, das Wort selber schafft Christian Heinrich Pander, 1817, in einer Dissertation einer Seltenen, der eben mehrere tausend Hühnerembryonen untersucht hat und dann als erster versteht, dass es weder epigenetische, also Epigenese ist, also Neuentstehung dieses Keimlings aus der Flüssigkeit, noch Entfaltung, das ist Evolution, im 18. Jahrhundert heißt es ja Entfaltung, Evolvere, ist also nicht Neuentstehung, sondern Entfaltung von dem, was schon da ist, sondern es entstehen aus dem Ei oder im Ei drei Keimblätter. Und aus diesen drei Keimblättern, und das ist ja das heutige gängige Verständnis noch, wie Wirbeltiere, Wirbellose, wie der Mensch entstehen, auch im Tierreich also, nämlich aus dem Ektoderm, Mesoderm und Emtoderm, das wir alles aus dem Juli-Unterricht oder von wann auch immer kennen. In dem Sinn ist es Wachstum und Entfaltung dieser drei Keimblätter. Keimblätter haben aber Pflanzen auch, bedeutet was anderes, eben die ersten Blätter in der Entwicklung der Keime, wie das funktioniert, hat Goethe eben untersucht. Da gibt es sehr schöne Zeichnungen dazu. Goethe hat sich eigentlich bis zum Ende seines Lebens mit solchen Wachstums- und Formentstehungsprozessen bei Pflanzen beschäftigt. Er hat dazu auch Versuche gemacht zur Drehung, wie sich Pflanzen drehen, wenn sie wachsen. Und dann haben wir viele Präparate noch auch zu diesem Thema, ob sich nicht nur von den Knoten aus diese Blütenblätter in Kreisen, in Wirteln entwickeln, sondern ob es da auch spiralige Wachstumsvorgänge gibt, Spiraltendenz. Er hat damit untersucht, gemeinsam diskutiert mit dem Botaniker Carl Friedrich Philipp von Marcius in Bayern. Du sagst diskutiert, das funktioniert dann. Diskutiert über Briefe oder treffen die sich und dann schreibt jemand im Tagebuch, ich habe Dings getroffen. Alles drei steht auch im Tagebuch, aber es gibt im Briefwechsel Diskussion und Marcius baut sogar, oder lässt, sie verabreden ein Modell, sagen wir so. Es wird ein Modell dieser Spiraltendenz des Blütenbaus konstruiert, das sich heute meines Wissens nach in Wien befindet. Ich habe es im Original nie gesehen. Wir haben einen Nachbau dieses großen Blütenbaumodells der Spiraltendenz. Das ist einen halben Meter groß dieses Ding und hat da bunte Lappen, die diese Blüten und sonstigen Blätter zeigen. Holz und Filz. Also recht aufwendig gemacht. Um zu verstehen, ob man das auch spiralig erklären kann und anlegen kann, eine Blüte. Wir wissen ja, dass frühe Blüten auch spiralig angelegt sind. Also die Magnoliengewächse, Magnolia 10 und andere als ursprünglich angesehene Blütenpflanzenfamilien haben solche Blüten. Und du sagst, ihr habt Zeichnungen, habt ihr auch eine handschriftliche Version des Buches? Die Handschriften liegen alle ja im Goethe-Schill-Archiv, im Nachlass. Bei mir selber sind eben einige Zeichnungen und ich glaube auch ein Erstdruck des Versuches zur Metamorphose, den habe ich gerade in der Bibliothek abgegeben. Solche Sachen und eben die Präparate. Ganz viele Präparate der botanischen Sammlung. Und was natürlich auch noch dazu kommt, Goethe hat, hätte ich fast vergessen, ein Herbar angelegt, um die Formenvielfalt dieser Pflanzen kennenzulernen. Er hat das Herbar gekauft, also Teile davon hat es auch geschenkt bekommen, andere Teile davon hat er auch gemeinsam mit Gehilfen gesammelt in Böhmen und sonst wo. Und dieses Herbar ist erhalten, es ist kein wissenschaftliches Herbar, also kein Herbar, wie das Humboldt gemacht hat, wo es darum geht, neue Pflanzen zu finden, zu dokumentieren, zu beschreiben, sondern wirklich die Vielfalt einheimischer, nicht nur einheimischer Gewächshauspflanzen zu sammeln und einen Überblick dazu bekommen, was alles sozusagen bereits verwirklicht wurde von diesem Bauplan, den er gerade entdeckt hat. Da haben wir gerade eine ganz sammlungstechnische Frage, so ein Herbar, also getrocknete, bepresste Pflanzen, die sind jetzt wie alt, 200 Jahre? Ja. Wie lagert ihr die, wie werden die aufbewahrt, dass sie nicht zu Staub zerfallen? Ja, das ist eine gute Frage. Das Herbar von Goethe, also es besteht aus knapp 2000 Pflanzen, knapp 2000 Blättern, muss man vielleicht sagen, die auch nach Familien zum Teil zumindest geordnet sind, die eine Hälfte ist nach Linnae geordnet, nach den linnaeischen Familien und Gruppen, so muss man sagen, also die 24 Klassen, und die andere Hälfte ist dann geordnet nach dem natürlichen System, aber der Zeit um 1900, weil es eine ganz kuriose Geschichte hat, das wurde einfach vergessen, übersehen. Wir wissen nicht, warum man eigentlich das Herbar Ende des 19. Jahrhunderts im Sockel einer Büste aufgefunden hat, da lag das da einfach rum, im Sockel, im Aufsatzsockel sozusagen einer Büste, und das wurde dann geordnet und in etwa 15 museale, sehr schwere, große Ordner gebracht. Das ist, wenn man das ganze Herbar nebeneinander legt, sicher eineinhalb Meter lang. Das sind Einzelblätter? Das sind Einzelblätter, die zu Mappen zusammengelegt sind. Diese Mappen, die sind dann wiederum in große Schuber zusammengelegt, die nicht von Goethe stammen, die aber jetzt, weil sie ja aus dem Ende des 19. Jahrhunderts sind, auch schon wieder sehr alt aussehen und sehr schwer sind. Und da stehen sie jetzt rum. Okay, also gar nicht irgendwie, ich dachte jetzt vielleicht irgendwie in einem superkühlen Raum, damit die Zerfallsprozesse verlangsamt sind. Das kommt noch. Und Digitalisierung? Ja, wir digitalisieren ja gerade die geowissenschaftliche Sammlung, das ist der größte Teil der Goethe-Sammlung, da sind 18.000 Objekte, und da haben wir noch auf Jahre zu tun, dann werden wir uns auch dem widmen können. Also fotografiert sind viele von diesen Dingen, aber nicht alle eben, und auch nicht systematisch, aber das kann man nicht nebenbei machen, sondern wir machen den größten und schwierigsten Schritt zuerst, eben die Geosammlung. [Musik] [Musik] [Musik] [Musik] [Musik] Vor zwei Fragen wollte ich eigentlich noch fragen, für die, die es nicht wissen, die es auch nicht wissen, Goethe-Schiller-Archiv, das ist wo? Das ist auch bei uns auf der anderen Seite der Ilm in Weimar, eine Institution, die nicht nur die Nachlässe von Goethe und Schiller, sondern auch von Nietzsche und vielen anderen beherbergt und ein ganz einmaliges kulturelles Erbe verwaltet, sichert, beschreibt und erforscht. Okay, und die haben eben auch Manuskriptseiten von dem kleinen Bücherbuch? Die haben den gesamten Nachlass von Goethe und von Schiller und der ist sehr umfangreich. Hat er eigentlich, weil du auch mal sagtest, Goethe hat auch so Vorträge gehalten, gibt es da irgendwie zu diesem Thema, hat er da wahrscheinlich auch noch Vorträge vor, illustrieren? Du beziehst dich jetzt auf diese berühmten Mietwuchs-Vorträge über Chemie, Physik usw. Optik. Ob er jetzt Vorträge zu Botany gehalten hat, das kann man nicht ausschließen, ich weiß es aber nicht. Aber was er gemacht hat, ist, er hat die Metamorphose der Pflanzen in einem berühmten Gedicht sozusagen ins Lyrische übersetzt, in einer Elegie, die er seiner Frau gewidmet hat. Also, naja, muss ich vielleicht ein bisschen vorsichtig formulieren. Also sie wird sozusagen angesprochen, aber das gehört auch zur lyrischen Situation. Aber letztlich war sie, die da angesprochen wurde, wo er versucht, im Elegischen Distichon, also sprich in Hexameter und Pentameter abwechselnd, zu erklären, was er in der wissenschaftlichen Prosa sachlich-wissenschaftlich erklärt, in Form eines recht kurzen Gedichtes. Er hat geplant, umfangreicheres Lehrgedicht über die Natur zu schreiben, angeregt von Lucrez, einem römischen Dichter, der "Terrarum Natura" geschrieben hat, wo er von der Entstehung der Welt bis zum Menschen die Natur in einem Lehrgedicht beschreibt. Und das Goethes Urfreund, bei Goethe geht nichts ohne Ur, nämlich Knebel, ins Deutsch übersetzt hat, gerade zu der Zeit. Und da gab es natürlich Gespräche, Diskussionen. Und Goethe war ein sehr guter Kenner, da kann man sich gar nicht vorstellen, im Vergleich zu heute, der antiken Literatur und der Bibel. Er konnte ja vieles auswendig, war ständig präsent. Und was Ähnliches hat er ja mit seinen römischen Elegien, mit seinen venezianischen Epigrammen und so weiter auch gemacht. Und auch hier mit der Elegie, die Metamorphose der Pflanzen. Und das liest sich heute noch sehr gut. Es ist erstaunlich, wie man naturwissenschaftliche Dinge in in lyrische Zusammenhänge übersetzen kann. Da kristallisiert sich ja so diese beiden Welten, die da zusammenkommen. Also einerseits die ganze Lyrik, das Schreiben, Geist und so, und die andere Seite mit der Naturwissenschaft, die da in einem Gedicht zusammenkommt. Also das steht extrem beispielhaft für Goethe, für dieses ganze Goethe-Ding. Ja, ich glaube, das kann man gut sagen. Goethe war der Meinung, dass die Naturwissenschaften aus der Poesie heraus entstanden sind, gezeigt eben durch Lehrgedichte wie das von Lucretius, dass nach dieser Zeit der Trennung, wo sich Poetik und die Wissenschaften ja auseinanderentwickelt haben und ganz verschiedene Bereiche abdecken, dass es sozusagen Zeit ist, die wieder zusammenzuführen, dass man eben auch poetisch über Naturdinge sprechen kann. Das wollte er hier in diesem Naturgedicht. Er hat auch eines geplant und auch begonnen, aber es ist ein Fragment geblieben, über die Metamorphose der Tiere. Sehr naheliegend, wenn ich den Pflanzenmetamorphose zuerkenne, der Begriff ja bei Amphibien und Insekten ja schon längst vertreten ist, auch über die Tiere nachzudenken. Da hat er auch seine eigene Theorie, nämlich, ganz kurz zusammengefasst, dass der Schädelbau des Menschen, das sich alles aus den Wirbeln erklären lässt, dass die einzelnen Schädel, vor allem das Gehirnschädel, sich aus den Wirbeln ableiten lassen, war er auch nicht der Einzige, der das behauptet hat. Lorenz Oken in Jena und Spix in München haben das auch behauptet. Spix, der Brasilienforscher Johann Baptist von Spix, der mit Marcius, dem späteren Goethe, vor allem der eben mehrere Jahre, ich glaube drei Jahre, ab 1817 in Brasilien war, hat das auch vertreten. Da gab es dann mehrere Drehs, Streitigkeiten zwischen Lorenz Oken und Goethe, weil Oken das auch behauptet hat. Er hätte es zuerst eben entdeckt. [Musik] [Musik] [Musik] [Musik] Wenn so ein Disput oder auch so eine Behauptung, wie vertreten die das nach außen? Ist das der Brustton der Überzeugung, ja das ist so, oder eher so ein vorsichtiges könnte sein, oder habt ihr da vielleicht irgendwelche? Ja, wir sind da ja auch an der Schwelle der romantischen Naturphilosophie. Da wird ja Natur mit großem Gestus erklärt, aus Prinzipien abgeleitet, obwohl man noch sehr wenig oder vielleicht zu wenig empirische Daten vorliegen hat und zu wenig verknüpfen kann, werden dann Weltentstehungstheorien, Ordnungsmuster konstruiert und die werden auch zum Teil mit einem religiösen Gestus gemacht, also der Blick in die Natur, der seherische Blick. Das ist ein sehr kompliziertes Thema, das es nicht nur, aber vor allem in der deutschen Wissenschaft gibt, Anfang des 19. Jahrhunderts in der deutschen Naturwissenschaft, dass manche zurückführen auf die starke Dominanz der Romantik, dass manche auch zurückführen auf die Prinzipienreiterei, die in Deutschland vielleicht stärker im deutschen Denken ist als in pragmatisch-anglisexischen oder im materialistisch-französischen. Ich gebe da jetzt ein paar Klischees wieder, aber diese Schwerpunkte kann man vielleicht schon setzen. Es gibt auch Franzosen, die dazu neigen, Geoffroy Saillère zum Beispiel, dessen Streit mit Cuvier Böte auch wahrgenommen hat. Aber das ist eigentlich schon wieder ein eigener Beitrag für den Streit über Naturprinzipien, was die Natur ausmacht. Da gibt es einen berühmten Akademiestreit, da können wir vielleicht mal einen eigenen Beitrag machen. Bitte gerne. Da hat sich Goethe auch eingemischt. Wenn wir heute bei der ersten sehen, das ist seine letzte naturwissenschaftliche Publikation, die hat zwei Teile. Der erste Teil hat er noch erlebt und der zweite ist eine kurze Zeit nach seinem Tod publiziert worden, aber es war schon alles sozusagen unterwegs. Wie nämlich die Natur überhaupt, vielleicht muss ich es anders sagen, ob sich der Bauplan der Wirbellosen, zum Beispiel von Schnecken, von Molusken überhaupt parallelisieren lässt mit dem Bauplan der Wirbeltiere. Da gab es einen großen Streit auf der französischen Akademie. Einer der Hörer war Humboldt, der hat das dann auch mit kommentiert und ganz witzig, und da hat Goethe auch teilgenommen. Aber das ist eine andere Geschichte. Okay, machen wir jetzt nicht. [Musik] Wenn es schon mal so ein Gedicht gibt, dann sollten wir natürlich auch was daraus vorlesen eigentlich. Ich weiß gar nicht, magst du, willst du was? Wenn du es bei der Hand hast. Ich habe es bei der Hand, weil in dem Projekt Gutenberg ist es zu finden. Ich bin erst mal über die Wikipedia-Seite, da gibt es auch viele Informationen nur zu diesem Gedicht. Unter anderem auch der Hinweis, dass im zweiten Teil tatsächlich auch dieses Gedicht schon auf die Tiere verwiesen wird. Wenn ich das richtig, habe ich das richtig gelesen? Oder vertue ich mich da gerade? Nein, nein. Nein, ne? Achso. Und wir wollen jetzt, oder ich will ja gar nicht das ganze Gedicht, auch wenn du sagst, es ist ein recht kurzes Gedicht, ich finde es dann ein recht langes Gedicht. Ich glaube, für ein Lehrgedicht ist es kurz, aber natürlich zum... Naja, wenn wir an die Gedichte denken, die wir sonst vielleicht auch in der Schule mal gelernt haben, bin ich dann irgendwie so, ihr müsst zwei Strophen auswendig lernen, du hattest irgendwie acht Zeilen oder so, und du dachtest, oh echt, oder so drei, vier Strophen, da hast du ja ewig dran gehangen. Und dann hier, das ist jetzt so eine anderthalb Seiten fast Gedicht. Ich fange einfach mal an. Oder gibt es eine Stelle, die dir sehr... Ich finde es schwierig, da was rauszunehmen, weil das Gedicht ja eine Bewegung hat. Es wird die Partnerin angesprochen und am Schluss ist dann das Paar da. Und es geht auch von den Pflanzen über die Menschen. Es hat auch eine Beziehungsebene und es hat auch eine erotische Ebene, weil es ja die Pflanze selber von den Blättern dann letztlich zur Fortpflanzung über die Blüten kommt. Also es steckt sehr viel Verschiedenes drinnen. Deswegen glaube ich, kann man da jetzt nichts rausholen, einen isolierten Abschnitt. Weißt du, was ich mache? Ich fange mal mit den ersten paar Zeilen an. Aber was wir machen könnten ist, ich könnte das einfach mal separat nachher nochmal komplett einlesen und dann hängen wir es einfach noch hinten dran. Also falls dann jemand was hören will, kann er sich es dann auch komplett anhören. Okay, also die Metamorphose der Pflanzen. "Dich verwirrt, Geliebte, die tausendfältige Mischung dieses Blumengewühls über dem Garten umher. Viele Namen hörest du an und immer verdränget mit barbarischem Klang einer den anderen im Ohr. Alle Gestalten sind ähnlich und keine gleiche der anderen. Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz, auf ein heiliges Rätsel. O könnt ich dir, liebliche Freundin, überliefern sogleich glücklich das lösende Wort. Werden betrachte sie nun, wie nach und nach sich die Pflanze stufenweise geführt, bildet zu Blüten und Frucht. Aus dem Samen entwickelt sie sich, sobald ihn der Erde stille befruchtender Schoßhold in das Leben entlässt und dem Reize des Lichts des Heiligen, ewig bewegten, gleich den zartesten Bau keimender Blätter empfiehlt. Einfach schlief in dem Samen die Kraft. Ein beginnendes Vorbild lag, verschlossen in sich, unter die Hülle gebeugt, Blatt und Wurzel und Keim, nur halb geformet und farblos. Trocken erhellt so der Kern ruhiges Leben bewahrt, quillet strebend empor sich milder Feuchte vertrauend und erhebt sich sogleich aus der umgebenden Nacht. * Musik * Würde ich da mal beenden. Während ich das las, wo alles schon halb geformet, musste ich sofort dran denken, diesen Disput über, wie ist denn der Mensch eigentlich im Keime? Also diese Präformisten und die Geschichte, der Mensch ist, wenn er noch nicht geboren ist, aber schon als Mensch komplett ausgebildet. Die anderen sagten, na ja, Zellen kommen zusammen und es entwickelt sich erst. Da musste ich jetzt dran denken. Er beschreibt praktisch in Gedichtform diese ganze Entwicklung der Pflanzen. Du sagtest, das wird ganz am Anfang kurz angedeutet, er erzählt es eigentlich seiner Frau. Einfach damit er jemanden hat, dem er es erzählen kann sozusagen. Ja, sie sind ja noch nicht verheiratet, aber Kinder sind schon da. Also es ist schon eine enge Beziehung. Du hast eben die Erotik ins Spiel gebracht. Die ist mir jetzt noch nicht so ganz deutlich geworden. Das kommt ja langsam noch dahin. Es erhebt sich ja von der Erde zum Licht immer mehr zum Geistigen. Und das Prinzip, das Rätsel ist schon angedeutet. Das ist natürlich auch ein Rätsel auf zwei Ebenen. Zum einen, was kann ich erkennen, was kann ich erklären? Also die Subjekt-Objekt-Beziehung wird hier angesprochen, die sich dann am Schluss als Paar eben zeigt. Also es ist sozusagen ein gleichwertiges Geben, Nehmen, Erkennen und Erkanntwerden. Das ist das eine. Und das andere ist, es ist ja ausdrücklich eine Frau angesprochen. Es finden ja in der Blüte Prozesse statt, die eheähnlich sind. Das ist jetzt nicht so weit hergeholt, wie man vielleicht denkt. Die Staubblätter sind ja die männlichen, die Blütenblätter die weiblichen. Linnaeus hat ja diese Nomenklatur und sein System aufgebaut auf dieser Sexualität der Pflanzen. Es ist explizit ein Sexualsystem der Pflanzen. 24 Klassen. Die 24. Klasse ist die, wo wir nicht wissen, wie sie Hochzeit machen. Die Kryptogamen, also die, die im Verborgenen, im Kryptischen, im Verborgenen, Garmäien, also Garmetenbilden Hochzeit machen eigentlich wörtlich. Während die anderen, also sagen wir die Klasse der Monandria bei Linnaeus, Blüten hervorbringen, die nur ein Staubblatt haben, aber möglicherweise mehrere weibliche oder auch nur ein weibliches Monobühner sind. Also wo ein Mann, schreibt Linnaeus, mit einer Frau im Bett liegt, während die Andria, da liegt dann eine Frau mit zwei Männern im Bett. Und die Triandria, drei. Das ist alles da drinnen in diesem linäschischen System. Das linäschische System war, ja, das ist jetzt eine sehr einfache Erklärung, weil es viel komplexer ist und die Leistung Linnaeus viel größer ist. Aber was man an Linnaeus auch kritisiert hat im 18. Jahrhundert, ist die Schlüpfrigkeit seines Systems. Nein. Ja, selbstverständlich. Die Botanik galt ja lange Zeit als eine Wissenschaft, die auch Frauen betreiben können, wenn man sich hier mit Blumen beschäftigt und so weiter. Und ein Kritikpunkt an Linnaeus war, dass jetzt Frauen nicht einmal mehr Botanik betreiben können, weil da nur Schwernereien stattfinden. Schreiben viele, es gibt einen Petersburger Botaniker und ganz scharfen Linnaeus-Kritiker, der Linnaeus dann wirklich Obszönität vorwirft. Und Linnaeus spielt auch damit. Okay. Und wir haben, Goethe hat das natürlich auch alles gekannt und gewusst und mitverfolgt. Und dann haben wir auch in unseren Beständen seinem Freund und Kollegen, dem Schweizer Künstler Meier, dem berühmten Kunstmeier, ein Aquarell zeichnen lassen, wo diese Unzucht sozusagen in der Blüte stattfindet, also eine riesige Blüte, wo du dann Männer und Frauen siehst, die sich vereinigen, auch mit den Geschlechtsorganen sozusagen, die aber für die Staminodien und für die Gynözien, also für die Staubblätter und die Fruchtblätter stehen und sozusagen das linäische System mit erklären sollen. Ist aber eine Zeichnung, die explizit nicht jugendfrei ist. Okay. Ja, das hat auch die Menschen im 18. Jahrhundert, das Rokoko war ja viel freizügiger als dann später und das hat diese bürgerliche Gesellschaft des frühen 19. Jahrhunderts ja auch offen fasziniert. Das wurde ja vielleicht nicht so streng gesehen, wie es dann das 19. Jahrhundert und auch noch vielleicht nur die 50er Jahre im 20. Jahrhundert gesehen haben. Weißt du, ob so ein Gedicht, wird das irgendwo vorgetragen oder bleibt das einfach in dem Buch oder gibt es jemanden, der das in der Gesellschaft vorträgt oder so, weiß man das? Ich weiß nicht, ob er es Christiane vorgetragen hat, das ist möglich, keine Ahnung, das weiß ich nicht. [Musik] [Musik] [Musik] [Musik] Was in seinen Sammlungen ja auch noch vorhanden ist und eine Rolle spielt, aber natürlich nicht so prominent und so spannend mit Texten versehen ist, es sind Dinge des praktischen Pflanzenbaus, Versuche mit Holzwachstum, es gibt eine Xylothek, also sprich Holz-Täfelchen-Sammlung, es gibt eine Sammlung von Holzwachstumsproben, wo man Eisenkreuze in den Baum geschlagen hat und dann Jahre später dann untersucht hat, wie das drübergewachsen ist, welche Wachstumsprozesse es da gibt. Goethe hat sich auch sehr viel und nicht nur aus praktischen Gründen mit Önologie beschäftigt, also mit dem Weinbau, hat bei den Dornburger Weinbergen, also zum Beispiel 1828, die sich da im Sommer zurückgezogen hat, als der Herzog gestorben war, sich erfreut und nicht nur an der Natur und dann auch sehr schöne Naturgedichte geschrieben, sondern auch versucht zu verstehen, auch darüber geschrieben, wie man Weinstöcke besser pflegen kann und so weiter. Es sind ganz unerwartete und interessante Dinge, die man mit Goethe wahrscheinlich nicht verbinden würde, eben in dem Fall mit der Rebstockbehandlung. Eine Frage, die mir eben schon noch mal einfiel, ist, also wir haben gesagt, er hat einerseits eben die Naturforschung und hat daraus dann ein Gedicht gemacht und führt praktisch Lyrik, Gedichte und Naturwissenschaft so zusammen. Jetzt hat er ja noch zwei andere große Themen, nämlich die Farbtheorie und den Zwischenkieferknochen. Gibt es da auch so Zusammenführungen? Also gibt es dann auch entsprechende Gedichte? Na ja, das ist eine gute Frage, die man eigentlich nur umfangreich beantworten kann, was ich aber nicht hier machen möchte. Aber wenn wir uns zum Beispiel den Faust ansehen, kommen immer wieder Einspielungen auf Licht und Farben, farbige Schatten und so weiter, die man eigentlich im Grunde nur verstehen kann, wenn man auch die Farbenlehre einbezieht. Zwischenkieferknochen spielt da natürlich weniger Rolle, aber die spielt da eine gewisse Rolle, genauso wie im Willenmeister, wo es ja eine Diskussion gibt, wie die Erde und die Gebirge entstanden sind. Da kommen dann die Zeitgenössischen der Geowissenschaften, werden dann sozusagen diskutiert, von Parteien im Roman. Aber es gibt jetzt kein, also hier die Metamorphose der Pflanzen heißt doch dieses Gedicht, es gibt jetzt kein, die Erklärung durch Licht, Es gibt nichts über die Farbenlehre, kein entsprechendes Gedicht oder über den Zwischenkieferknochen oder so. Sondern man findet dann eben immer im Werk selber irgendwelche, vielleicht auch nur mal einen halben Satz oder so, die man vielleicht nur versteht, wenn man weiß, da ist eben das auch eben... Immer besser versteht, ja, diese Anspielungen. Genau, okay, okay, schön. [Musik] [Musik] Dann würde ich sagen, belassen wir es dabei. Außer du hättest noch eine Person in dem Zusammenhang. Warte, den Linné, aber den haben wir jetzt irgendwie schon verbraten. Ja, den Linné, die Beziehung zu Linné wäre natürlich auch nochmal ein Punkt. Ich weiß nicht, ob es das hergibt für eine ganze Folge, oder die man aber nochmal vielleicht... Für eine ganze Folge glaube ich nicht. Ich glaube auch nicht, dass das sozusagen spannend genug ist. Was aber interessant ist, und da sieht man auch, welche Bedeutung diese ganzen Dinge, die wir da jetzt besprechen, die wir besprochen haben im Podcast, die wir noch besprechen werden, für Goethe hatten, Goethe hat gesagt, dass drei Menschen ihn am meisten in seinem Leben beeinflusst haben. Das war Shakespeare, das war Spinoza, hatten wir heute auch schon, und das war Linné. Und er hatte, als er nach Italien gefahren ist, Bücher im Gepäck, und da war auch Linné dabei. Also er ist nach Italien nicht nur gefahren, er war ein wichtiger Grund, vielleicht der wichtigste, die Antike kennenzulernen, die Kunst kennenzulernen, eine ganz neue Welt sich zu erschließen, sondern auch die Natur, das gehört dazu. Da ist die Geologie dabei, aber ganz besonders wichtig auch die Botanik, die man sich in der Zeit nur mit den Schriften Linnés, also nicht nur der Systema naturae, sondern auch mit den Termini botanicae und der Philosophie der Botaniker, und Linné hat ja nicht nur Systematiken geschrieben, sondern er hat auch reflektiert, ganz genau, ganz kritisch, über die Begriffe, die Begrifflichkeit, die Nomenklatur, was er hier eigentlich macht, was eine Art ist, was sind wesentliche Merkmale, wie kann ich etwas abgrenzen, woher weiß ich, ob Arten wirklich konstant sind. Linné hat das ja selbst bezweifelt, oder hat darüber nachgedacht zumindest, ob Arten konstant sind, überhaupt. Heute sehen wir ihn natürlich nur als diesen, oder heute sieht man ihn irrtümlicherweise als Wissenschaftler, der diese Konstanz der Arten ganz massiv betont, was nicht falsch ist, er betont das, das ist die Voraussetzung für das System, aber eben weil er als erster diese Transmutation, die ja vorher schon als Vorstellung da war, ob sich nicht Arten heute noch in ganz andere Arten verwandeln können vor unseren Augen, ob Leben ganz neu entstehen kann, das war ja umstritten und eigentlich wurde vielfach geglaubt, das hat er sozusagen da abgeschnitten und damit erst das Problem, wie Arten entstehen, zu einem Problem gemacht. Also ohne Linné wäre das gar nicht möglich gewesen, ohne Linné wäre es nicht möglich gewesen zu fragen, woher kommt denn eigentlich diese diskrete Einheit der Art, wo kommt das überhaupt her. Linné, sehr selbstbewusst, hat sieben Autobiografien geschrieben, was von einem gewissen Anomie zeigt, dass man sich selber zuschreibt, hat, um jetzt noch ein Linné-Klischee zu bringen, gesagt, also Gott hat die Arten geschaffen, ich habe sie benannt. Er hat sich sozusagen als zweiter Adam gefühlt, und du siehst auch, weil Adam ist ja der Benenner der Tiere und Pflanzen, aber wissenschaftshistorisch gesehen war er das in vielen Bereichen und Goethe hat das auch wahrgenommen. Also ein gesundes Selbstbewusstsein hat er schon. Ein sehr gesundes und letztlich hat Linné ja seine Apostel ausgeschickt in die ganze Welt, um Pflanzen und Tiere zu sammeln und vielleicht ist es doch eine eigene Folge, Linné. Ja, ich wollte gerade fragen, also jetzt so gerade so, während du erzählt hast, ich musste kurz natürlich, Linné war jetzt noch mal genau, wann war der jetzt? Also der ist geboren 1707. 1778 gestorben. 1778 gestorben, 1790 ist dieses Büchlein hier von Goethe erschienen, da stellt sich natürlich die Frage, waren die irgendwie in Kontakt? Nein, die waren nicht in Kontakt, aber Goethe hat natürlich, wir haben die Rechnungen sogar noch erhalten, auch wieder im Goethe und Schill Archiv, hat natürlich Bücher von Linné gekauft in der Buchhandlung Hoffmann in Weimar, gibt es heute noch, das sind Rechnungen halt, da können wir sogar sagen, wann er die genau gekauft hat, also wann er sich dafür interessiert hat oder wann er sich besonders dafür interessiert hat. Bei Linné ist es ja so, dass die Systematik, die er begonnen hat, Systema naturae und auch die anderen, die botanischen Systematiken, ja alle paar Jahre ergänzt neu erschienen ist, Neuauflagen gemacht werden und das hat Goethe alles wahrgenommen und in seinem Herbar sind bei den Pflanzen, bei den Beschriftungen, Beschreibungen der Pflanzen stehen auch oft die Seitenangaben, wo in Linné das zu finden ist, drinnen drauf. Also er hat den ausgiebig studiert. Genau, man kann ganz schnell nachschlagen, was schreibt denn Linné genau über diese Pflanze. Es sind noch mehrere Bücher, aber es ist fast immer Linné, da hat er gemerkt. Und gestorben 1778 und Goethe, wisst ihr oder weißt du, ab wann Goethe angefangen hat, sich für Pflanzen zu interessieren? Könnte es einfach sein, dass er sich erst für Pflanzen interessiert, da war Linné schon tot oder so? Nein, nein, er hat ja schon früher begonnen, also er kam ja 75 nach Weimar und hat dann begonnen sich mit Pflanzen zu beschäftigen, aber die Beschäftigung war schon früher, die war schon in der Studienzeit in Leipzig und auch noch in Frankfurt und so weiter. Also es gab immer wieder, das gehörte ja auch irgendwie zur allgemeinen Bildung dazu, aber auch das allgemeine Interesse an Natur war ja da. Okay, also so eine Art Hero für Goethe. Ein Hero, der aber auch ärgerlicher Hero war, weil er sehr viel Mass und Einfluss genommen hat, den Goethe war auch auf dem Weg zum natürlichen System, wollte ja auch ein natürliches System konstruieren, verstehen hat in seinem Garten. Leider wissen wir dann sehr wenig darüber, aber in seinem Garten versucht Pflanzen nach dem natürlichen System, also nicht nach dem linäischen System anzubauen, weil allen Glauber das natürliche System, das also nicht nach Sexualklassen das einteilt, ganz einfach, sondern nach einem umfangreichen, komplexen Merkmalsmuster, nach ganz vielen, möglichst allen Merkmalen, was natürlich sehr schwierig ist beim Pflanzen, also bei Tieren überhaupt, aber so ein System zu erstellen, und da gab es viele Vorschläge natürlich bereits im 18. Jahrhundert, auch in Jena, im Botanischen Garten, der Herr Bartsch versucht, so ein natürliches System zu entwickeln und auch Goethe hat in seinem eigenen Garten eine Zeit lang, zumindest Mitte der 90er Jahre, Pflanzen angebaut, gesetzt nach dem natürlichen System. Wissen wir immer ganz wenig, größere Rollhäutergarten dann natürlich gespielt als Küchen- und Kräutergarten. Da kann ich dann nichts mehr nach dem neuesten wissenschaftlichen System anbauen, sondern da muss einfach... - Da gibt es ganz praktische Erwägungen. Genau. - Okay, so. Vielleicht wollen wir tatsächlich mal noch eine Linie Goethe-Folge mal sehen. Wir können ja auch mal, die muss ja auch nicht jetzt, wir haben jetzt, na ja, nicht anderthalb Stunden, aber fast, wir haben vielleicht mal eine halbe Stunde auch nur oder eine Viertelstunde. Wir sind ja da völlig frei, das ist ja das Schöne, wir sind völlig formatfrei und können das machen, wie wir wollen. Wir machen einfach große Wissenschaftler, die Goethe maßgeblich bestimmt, bekämpft oder... - Kommt auf die Liste. Ja, super, kommt auf die Liste. Und das war die achte Folge über Goethe und seine Naturwissenschaft mit Thomas Schmuck und Markus Anghäuser. An dieser Stelle mal noch ein Hörtipp zu einem anderen Goethe-Podcast, der 5 Minuten Goethe-Podcast der Klassik Stiftung und der Goethe-Gesellschaft. Da erfahrt ihr alles Mögliche über Goethe, was ihr hier eher nicht zu hören bekommt. Es gibt immer eine Frage, die ein Experte oder eine Expertin in wenigen Minuten beantwortet. Da geht es dann um so Sachen wie, wie waren Goethes Beziehungen zu Frauen? War Goethe komisch? War Goethe reich? Wie stand Goethe zum Islam? Und natürlich die Frage aller Fragen, wie konnte sich Goethe in so vielen Bereichen bilden? Hier mal ein kurzer Einblick zum Hören. Was? - Was? - Was? - Was? - Wie viele? - Wie viele? - Warum? - Was? - Wie viele? - Wie viele? - Ist schon. Wie viele? - Warum? - Wie viele? - Hat er seinen Leuten im Vergleich zu heute bezahlt? Man in 100 Jahren? - Lesen? 5 Minuten Goethe - ein Podcast der Goethe-Gesellschaft und Klassikstiftung Weimar. Herzlich Willkommen. Uns haben sehr viele Fragen erreicht zu dem Thema Goethe und die Frauen. Darüber spreche ich jetzt mit Beate Rügiert. Sie ist Autorin und hat unter anderem über Christiane Vulpius geschrieben in dem Roman "Frau von Goethe", der 2021 im Aufbau Verlag erschienen ist. Frau Rügiert, was glauben Sie, interessiert so viele Menschen an Goethes Beziehungen zu Frauen? Ja, ich denke, dass es auch, dass es daher rührt, dass Goethe seine Beziehungen zu Frauen... ... als, sagen wir mal, nennen wir es mal gesetzterer Mann mit um die 60, als er dann noch einmal sich dem Orient insgesamt und dem Islam zugewendet hat in der Vorbereitung seiner großen Gedichtssammlung "Westöstlicher Divan". Der westöstliche Divan ist Goethes bekannteste Auseinandersetzung mit dem Islam. ... ungewohntes Verhaltensweisen an den Tag legt. Und also da fühlte er sich unwohl und wurde wohl auch gehänselt und es war nicht sehr erfreulich für ihn. Goethe wurde als Schüler gemobbt? Wie gemein. Hat er sich gewehrt? Wurde ihm geholfen? Das endete dann auch relativ rasch, denn er bekam die Pocken. Heute spreche ich mit Christoph Wingerzahn, Direktor des Goethe-Museums Düsseldorf und Professor an der dortigen Heinrich-Heine-Universität über die Frage "War Goethe komisch?" Hallo Herr Wingerzahn. Guten Tag. Ich freue mich auf diese wunderbare Frage antworten zu können und kann gleich sagen "Ja". Ich würde die Frage aber auch gleich in zwei Aspekte unterteilen. Geht es darum, ob Goethe Humor hatte und Sinn für Komik hatte? Oder geht es auch darum, ob er auf andere komisch wirken konnte? Die Antwort auf beide Fragen ist uneingeschränkt "Ja". Man sollte Goethe als einer ausnahmen. Das waren Ausschnitte aus "5 Minuten Goethe". Den Link zu den ersten 12 Folgen findet ihr in den Show Notes. Aktuell scheint der Podcast zu ruhen. Wenn ihr die ersten Folgen durchhabt, könnt ihr einfach bei uns weiterhören. Und das war es bei uns, dem Goethe-Podcast "Natur und Geist". Wir freuen uns über Bewertungen bei Apple Podcasts, Spotify oder wo ihr sonst noch den Podcast hört. Macht's gut und bis zum nächsten Mal. [Musik] Oh, jetzt hätte ich doch fast das Gedicht vergessen. Die Metamorphose der Pflanzen Dich verwirrt, Geliebte, die tausendfältige Mischung dieses Blubengewühls über dem Garten umher. Viele Namen hörest du an und immer verdränget mit barbarischem Klang einer den anderen im Ohr. Alle Gestalten sind ähnlich und keine gleichet der anderen. Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz, auf ein heiliges Rätsel. Oh, könnt ich dir, liebliche Freundin, überliefern sogleich glücklich das lösende Wort. Werdend betrachte sie nun, wie nach und nach sich die Pflanze stufenweise geführt bildet zu Blüten und Frucht. Aus dem Samen entwickelt sie sich, sobald ihn der Erde stille befruchtender Schoß hold in das Leben entlässt und dem Reiz des Lichts des Heiligen, ewig bewegten, gleich den zartesten blau keimender Blätter empfiehlt. Einfach schlief in dem Samen die Kraft. Ein beginnendes Vorbild lag, verschlossen in sich, unter die Hülle gebeugt, Blatt und Wurzel und Keim, nur halb geformt und farblos. Trocken erhellt so der Kern ruhiges Leben bewahrt, quillet strebend empor, sich milder Feuchte vertrauend und erhebt sich sogleich aus der umgebenden Nacht. Aber einfach bleibt die Gestalt der ersten Erscheinung, und so bezeichnet sich auch unter den Pflanzen das Kind. Gleich darauf ein folgender Trieb, sich erhebend, erneuere Knoten auf Knoten getürmt, immer das erste Gebild, zwar nicht immer das gleiche, denn mannigfaltig erzeugt sich ausgebildet, du siehst's, immer das folgende Blatt, ausgedehnter, gekerbter, getrennter in Spitzen und Teile, die verwachsen vorher ruten im untern Organ. Und so erreicht es zuerst die höchst bestimmte Vollendung, die bei manchem Geschlechticht zum Erstaunen bewegt. Viel gerippt und gezackt, auf mastig strotzender Fläche, scheinet die Fülle des Triebs frei und unendlich zu sein, doch hier hält die Natur mit mächtigen Händen die Bildung an und lenkt sie sanft in das Vollkommenere hin. Mäßiger leitet sie nun in Saft, verengt die Gefäße und gleich zeigt die Gestalt zärtere Wirkungen an. Stille zieht sich der Trieb der strebenden Ränder zurück und die Rippe des Stiels bildet sich völliger aus. Blattlos aber und schnell erhebt sich der zärtere Stängel und ein Wundergebild zieht den Betrachtenden an. Rings im Kreise stellet sich nun, gezählet und ohne Zahl, das kleinere Blatt neben dem ähnlichen hin. Und die Achse gedrängt, entscheidet der bergende Kelch sich, der zur höchsten Gestalt farbige Kronen entlässt. Also prangt die Natur in hoher, voller Erscheinung und sie zeigt gereiht Glieder an Glieder gestuft. Immer staunst du aufs Neue, sobald sich am Stängel die Blume über dem schlanken Gerüst wechselnder Blätter bewegt. Aber die Herrlichkeit wird des Neuen Schaffens Verkündung. Ja, das farbige Blatt fühlet die göttliche Hand. Und zusammen zieht es sich schnell. Die zartesten Formen, zwiefach streben sie vor, sich zu vereinen bestimmt. Traulich stehen sie nun, die holden Paare beisammen, zahlreich ordnen sie sich um dem geweihten Altar. Hümen schwebet herbei, und herrliche Düfte, gewaltig Strömen, süßen Geruch, alles belebend umher. Nun vereinzelt schwellen sogleich unzählige Keime, hold in den Mutterschoß schwellender Früchte gehüllt. Und hier schließt die Natur den Ring der ewigen Kräfte. Doch ein Neuer sogleich fasset den Vorring an, daß die Kette sich fort durch alle Zeiten verlänge, und das Ganze belebt, so wie das Einzelne sei. Wende nun, o Geliebte, den Blick zum bunten Gewimmel, das verwirrend nicht mehr sich vor dem Geiste bewegt. Jede Pflanze verkündet dir nun die ewigen Gesetze, jede Blume, sie spricht lauter und lauter mit dir. Aber entzifferst du hier der Göttin heilige Lettern, überall siehst du sie dann, auch in verändertem Zug. Kriechend zaudere die Raupe, der Schmetterling eile geschäftig, bildsam ändere der Mensch selbst die bestimmte Gestalt. O, gedenke denn auch, wie aus dem Keim der Bekanntschaft, nach und nach in uns holde Gewohnheit entspross, Freundschaft sich mit Macht aus unserem Innern enthüllte, und wie Amor zuletzt Blüten und Früchte gezeugt. Denke, wie Mannigfach bald die, bald jene gestalten, still entfaltend, Natur unser Gefühlen geliehen. Freue dich auch des heutigen Tags, die heilige Liebe strebt zu der höchsten Frucht gleicher Gesinnung auf, gleicher Ansicht der Dinge, damit in harmonischem Anschauen sich verbinde das Paar, finde die höhere Welt.

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